Zwiegespräche in
Aethels Taverne
Wenn ich ein Held wäre
Aethels Taverne – ein Ort am Übergang der Welten. Wo Figuren in die Welt der Schreibenden sehen können, Geschichten daraus mitnehmen und Lieder umdichten. Und wo Schreibende ihre Welt betreten.
Tritt ein, und wenn du Glück hast, kannst du Stimmen lauschen, die noch keiner vor dir gehört hat. Doch Vorsicht, denn manchmal öffnet sich die Tür zur Welt dahinter und was du dort siehst, mag lange in dir nachklingen.

„Und er reitet mit langem weißen Mantel, der im Wind weht, ein Leuchten um ihn herum.“ Nerex Stimme bebte leicht, als er mit ausgebreiteten Händen und einem deutlichen Funkeln in den schwarzen Augen seinen Vers deklariert.
Breanos hob eine Braue und trank genüsslich einen Schluck vom Roten. „Nur weiter, Helras. Du machst dich gut als Theaterspieler. Aber ich hörte ja schon davon, dass die kleine Bühne dort vorne dir ein zweites Zuhause geschenkt hat.“
„Und meinen Liedern endlich geneigte Zuschauer.“
Der alte Wächter räusperte sich.
„Was denn, Herr Seelenfinder, gefallen euch meine Texte nicht? Handeln sie nicht von allem, was gute Geschichten brauchen?“
„Und was genau wäre das?“
„Tragische Figuren, Dunkelheit und unerwartete Wendungen.“ Nerex ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen, zog seine Kapuze aus und drehte den Kopf hin und her, bis der Nacken knirschte.
„Und Helden? Wie der, von dem du gerade gesprochen hast?“ Breanos Hände lagen vollkommen still auf seinen Beinen, sein Brustkorb hob und senkte sich ganz ruhig. Doch seine Augen lauerten auf jede Regung seines düsteren Gegenübers.
„Ein lichter Held? Wie langweilig! Nein, wahre Helden kämpfen nicht nur für das Licht, sondern für einen tieferen Sinn. Etwas, dass sie aus der Tiefe heraus antreibt. Sie müssen nicht Gefahren begegnen und Hilfe bekommen, um innerlich zu wachsen und dann die Welt zu retten.“
„Ach? Erzähl, wie ist denn so einer der Helden der Krasos? Wofür genau soll er kämpfen?“
Nerex rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Dann streckte er sich, lehnte sich nach vorne, stützte beide Ellbogen auf den Tisch und schob seinen Kopf immer näher an Breanos ran.
„Mächtig“, flüsterte er. „Echt und lebendig. Aus sich heraus geleitet, nicht von dummen Göttern geschickt, die sowieso nie etwas anderes wollen, als die Aufopferung. Keiner, der nur nach Regeln kämpft, der aus Demut die andere Wange hinhält. Einer, der Biss hat, der aus Stahl geformt ist, der sich nicht unterkriegen lässt, ganz gleich, was das Leben ihm hinhält.“ Nerex ging noch näher an das Gesicht des Wächters heran. „Einer …“, er machte eine gedehnte Pause, „der würfeln kann!“ Dann lehnte er sich wieder zurück.

Breanos lächelte.
„Was glaubst du denn, woher Durchhalten rührt. Woher der Stahl kommt, wenn nicht von den Göttern, von der Moral, vom Glauben an das Gute? Vom beseelten Wunsch, für die Gemeinschaft zu kämpfen?“ Er drehte eine Hand, so dass das Innere nach oben zeigte und es glomm für einen kurzen Moment eine goldene Kugel auf.
„Pah!“, machte Nerex, drehte ebenfalls eine seiner Hände auf und zeigte einen Wirbel aus Schatten. „Als ob Helden aus Licht geschaffen sein müssten. Komm, lass uns ein paar Menschen fragen, was die davon halten.“ Er stand auf, drehte eine Runde durch die Taverne und blieb dabei an drei Tischen stehen. Je einer der dort Sitzenden stand auf und so kam Nerex begleitet von einem Mann und zwei Frauen wieder zurück.
„Setzt euch, Freunde und lasst euch von dem alten Mann nicht verunsichern. Seine Brauen sind zwar so lang, dass er genüsslich darunter ein ganzes Arsenal verstecken könnte, aber ich versichere euch, er ist harmlos.“
„Nur zu, Freunde.“ Der Spott in seiner Stimme war so weich, dass es wohl nur Nerex wirklich auffiel. „Glatzhaar hier und ich führen gerade eine lebhafte Diskussion darüber, was genau ein Held ist.“
„Nicht, dass der alte Mann seine Ansicht schon kundgetan hätte, aber viel spannender ist auch, was ihr davon haltet.“
Die drei Besucher sahen sich etwas verunsichert an.
„Nur zu“, ermunterte Nerex sie. Und plötzlich lag etwas in seiner Stimme, wie ein feiner Klang, fast unhörbar. Ein Unterton, der das Gefühl der Sprache veränderte, sich wie ein feiner Faden ins Herz hineinzog und dort Mut machte.
Eine der beiden Frauen, fast noch ein Mädchen, hob ihre Hand und gestikulierte ruhig. „Helden? Die, die den Widerstand halten, die immer weiter machen, obwohl sie von oben unterdrückt und klein gehalten werden. Die, die genau wissen, dass sie nicht gewinnen können und trotzdem kämpfen.“
„Nein“, mischte sich nun erregt der Mann ein, dessen graue Haare im Widerspruch zu seinen harten Muskeln standen. „Helden sind die, die aus Pflicht und Berufung handeln, die Ehre, Freiheit und Licht verteidigen.“
„Nur wo beginnt Freiheit“, raunte die dritte. Sie hielt den Blick gesenkt. Nerex legte ihr eine Hand auf die Schulter, lehnte sich zu ihr herüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die Luft schien kurz zu verschwimmen. Die Frau hob den Blick und goldbraune Augen glommen wie Whiskey im Kerzenschein. „Freiheit gehört nicht auf die Lichte Seite der Helden. Denn dort binden Regeln und Moral.“
Die vollständige Fassung dieses Gesprächs findest du ab Dezember exklusiv auf meinem Patreon.
Dort öffnet Aethels Taverne ihre Türen weiter – mit Stimmen, die nur dort zu hören sind.
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